Ein kleiner Ort in der Touraine
Das Dorf Maillé im Süden des Departements Indre-et-Loire liegt ganz in der Nähe der Nationalstraße N 10 und wird von der Eisenbahnlinie Paris-Bordeaux durchquert. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges zählt es etwas mehr als 500 Einwohner.
Das Dorf unter der Besatzung
Ab 1940 wird das ruhige Leben in der kleinen Ortschaft mit mehreren Lokalen, Lebensmittelgeschäften, einem Stellmacher, einem Holzschuhmacher und einem Hufschmid durch die Ankunft der Deutschen auf den Kopf gestellt. Maillé liegt in der besetzten Zone und sieht sich schnell mit der Präsenz mehrerer Dutzend Soldaten konfrontiert. Am Anfang logieren diese bei den Bewohnern. Nach und nach beziehen die Besatzungstruppen das Militärlager von Nouâtre, das 1918 in der Nachbargemeinde von der französischen Armee angelegt wurde.
Das Widerstandsnetz Péan
Das Zusammenleben zwischen Besatzern und Bevölkerung gestaltet sich recht gut. In der Region entsteht dennoch ein bedeutendes Widerstandsnetz, das Henri Péan, der Pfarrer des Ortes, leitet. Er wird denunziert und Anfang des Jahres 1944 verhaftet, das Widerstandsnetz zerschlagen und ein Großteil seiner Mitglieder deportiert.
Der Sommer 1944 und die Vorboten des Massakers
Im Sommer 1944 häufen sich die Widerstandsaktionen. Im August kommt es innerhalb weniger Tage zu mehreren Sabotageakten an der Eisenbahnlinie, ein alliierter Flieger wird von der Bevölkerung versteckt und ein Schusswechsel zwischen Mitgliedern der Resistance und zwei Fahrzeugen führt zu mindestens einem Verletzten auf deutscher Seite.
Das Massaker
Am Morgen des 25. August 1944 riegeln Wehrmachtsoldaten die Ortschaft ab und weisen jeden zurück, der hinein oder heraus will. Gleichzeitig dringt eine Gruppe von Waffen-SS in Maillé ein. Haus für Haus töten sie Männer, Frauen, Kinder, Babys und legen überall Feuer. Selbst Tiere werden systematisch getötet. In einer langen Reihe durchstreifen sie das Dorf und ermorden jeden, der ihnen vor die Augen kommt.
Am späten Vormittag verlassen die Soldaten Maillé. Nur vereinzelte Wachposten verhindern weiterhin den Zugang zum Dorf. Am frühen Morgen vor dem Massaker hatten die Deutschen ein Geschütz auf einem nahe gelegenen Hügel installiert. Von hier aus beginnt man nun genau auf das Dorf zu schießen. Dieser Beschuss dauert eineinhalb Stunden und vollendet die Zerstörung von Maillé.
Bilanz des Massakers
Erst am nächsten Morgen ist es endlich erlaubt, ins Dorf hineinzugelangen, um Erste Hilfe zu leisten. Die Verletzten werden in nahegelegene Krankenhäuser gebracht, das Feuer gelöscht und die Leichen in einer Baracke im Herzen des Dorfes aufgebahrt.
Man zählt 124 Todesopfer, darunter 48 Kinder. Am 25. August 1944 in Maillé verübten Deutsche auf französischem Boden das zweitgrößte Massaker an der Zivilbevölkerung während des Zweiten Weltkrieges.